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Versprechenszentrierte Value Propositions


Es muss 5 Mal klicken, um das Herz des Kunden zu gewinnen.



 

Kernaussage


Wenn bei Innovation Produkte geschaffen werden, die es noch nicht gibt, müssen bestehende Kundengewohnheiten durchbrochen werden. Und das ist schwer. Die Entwicklung einer überzeugenden Value Proposition bereits in einer frühen Phase des Innovationsprozesses kann helfen. In diesem Artikel zeigen wir einen Designprozess - basierend auf Jobs-to-be-done - der zu Value Propositions führt, die die Kraft haben, bestehende Gewohnheiten zu verändern und somit den Innovationsprozess für Lösungen mit Mehrwert anleiten können.


 

Die Aufgabe einer Value Proposition



Value Proposition Design ist zu einem Standardwerkzeug in der Innovations- und Produktentwicklung geworden. Und das zu Recht. Eine Value Proposition, also ein Wertversprechen, verdeutlicht, welchen Mehrwert die Innovation zukünftigen Kunden bietet. Sie definiert, warum ein Kunde ein neues Produkt kaufen oder nutzen sollte.

Zu Beginn des Entwicklungsprozesses Klarheit darüber zu haben, welchen Wert ein neues Produkt oder Feature bieten soll, hilft dabei, die notwendigen Entwicklungsanforderungen zu definieren. Eine Value Proposition ist auch hilfreich, um interne Stakeholder eines Unternehmens davon zu überzeugen, die benötigten Ressourcen bereitzustellen. Sie kann sogar die Anzahl der Iterationen mit Anwendern reduzieren, da sie als erster Papierprototyp dient und so die Entwicklungszeit verkürzt. Alles gute Gründe, warum eine Value Proposition mittlerweile als ein sehr hilfreiches Konzept in der Innovation angesehen wird, nachdem Michael Lanning vor mehr als 30 Jahren den Begriff «Value Proposition» in einem internen McKinsey-Papier aufgebracht hat.

Im Kontext der Innovation, wenn Produkte oder Dienstleistungen geschaffen werden, die es noch nicht gibt, muss eine Value Proposition in einem Aspekt besonders gut sein. Sie muss so gestaltet sein, dass sie bestehende Gewohnheiten ändern kann. Und warum? Weil jede Innovation ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Art, etwas zu tun, ersetzt.

Die Verbraucher müssen ein neues Produkt in ihren Einkaufskorb legen und es ausprobieren. Das ist riskant. Ärzte müssen ihren Patienten eine andere Behandlungsmethode verschreiben als gewohnt. Wird sie wirklich die in den klinischen Studien angegebene Wirksamkeit und Sicherheit bieten? Hersteller müssen zu einem anderen Lieferanten wechseln und damit etablierte Beziehungen aufgeben. Bankkunden müssen sich an neue Systeme und neue Kundenbetreuer gewöhnen. Eine Innovation ersetzt immer eine bestehende Gewohnheit oder ein Produkt. Und aus der Psychologie wissen wir, dass die Änderung von Gewohnheiten schwierig ist. Deshalb muss die für eine Innovation entworfene Value Proposition in der Lage sein, Gewohnheiten zu durchbrechen.



Kernaussage


Wenn bei einer Innovation Produkte geschaffen werden, die es noch nicht gibt, müssen bestehende Kundengewohnheiten geändert werden. Und das ist schwer. Das Entwerfen einer überzeugenden Value Proposition (Wertversprechen) schon früh im Innovationsprozess kann helfen. In diesem Artikel zeigen wir einen Designprozess, basierend auf Jobs-to-be-done, der zu Wertversprechen führt, die die Kraft haben, bestehende Gewohnheiten zu verändern und somit den Innovationsprozess lenken können – Value Proposition Design mit einem Versprechen im  Zentrum.




Die meisten Value Propositions verändern keine Gewohnheiten


Die meisten Wertversprechen, die wir in unserer Praxis sehen, sind nicht darauf ausgelegt, Gewohnheiten zu verändern. Wir haben Hunderte von Technologie-Startups gecoacht und mit Dutzenden von etablierten Unternehmen in verschiedenen Branchen zusammengearbeitet, um innovative Ideen umzusetzen und haben gesehen, dass viele Value Propositions auf eine der folgenden zwei Arten scheitern.

Entweder waren sie zu sehr auf die Technologie fokussiert und wurden aus der Perspektive des Unternehmens «von innen heraus nach aussen» geschrieben. Die Value Proposition führte eine Reihe von Funktionen auf, in der Annahme, dass zukünftige Kunden diese haben wollen. Solche Wertversprechen brechen keine Gewohnheiten, denn die Menschen wollen keine Features, sondern sie wollen einen «Job erledigen» (siehe Kasten zum «Jobs-to-be-done»-Denken).

Oder sie beschreiben eher generische Kundenbedürfnisse (z. B. «Pains» oder «Gains») zusammen mit Wertschöpfungselementen (z. B. Produkte oder Funktionen). Während auf diese Weise erstellte Value Propositions zumindest versuchen, die Kundenperspektive einzubeziehen, neigen sie dazu, nicht überzeugend, nicht unwiderstehlich, sondern eher zufällig zu sein – und damit nicht stark genug, um eine Gewohnheit zu ändern. Es wird keine überzeugende Geschichte erzählt, warum eine Person ein neues Produkt nutzen sollte. Ein versprechungszentrierte Value Proposition auf Basis von Jobs-to-be-done hingegen führt zu einem überzeugenden und unwiderstehlichem Wertversprechen, das es ermöglicht, bestehende Gewohnheiten zu durchbrechen und den Innovationsprozess für neue Produkte zu lenken.



Was ist Jobs-to-be-done?


Jobs-to-be-done ist eine starke Logik, um die Kundenperspektive zu verstehen. Sie verschiebt den Fokus weg von Lösungen und Funktionen hin zu dem, was Kunden erreichen wollen. Ein Job ist ein Ziel, das eine Person erreichen möchte und die Schritte auf dem Weg zu diesem Ziel. Menschen wollen keinen Bohrer, sondern ein Loch in der Wand, wie Levitt es einmal formulierte. Wenn man Kundenbedürfnisse auf diese Weise formuliert, verschiebt sich sofort die Perspektive. Es hilft Unternehmen, Erkenntnisse über Technologie hinaus entdecken sowie bessere, vielversprechendere Produkte zu entwerfen.




Was ist eine versprechenszentrierte Value Proposition?


Eine versprechungszentrierte Value Proposition ist ein Strategiepapier, das mit einer Storyline auf einer Seite zusammengefasst ist. Im Mittelpunkt steht das Versprechen. Dieses Versprechen ist eingebettet in eine fesselnde Geschichte, die zukünftige Kunden von bestehenden Gewohnheiten zu einem neuen Verhalten lenkt.

Wenn der Kunde die Value Proposition liest, werden in seinem Kopf fünf gewohnheitsverändernde Klicks ausgelöst:

  1. Ich fühle mich verstanden und antworte mit «Ja, das ist wahr». Es stimmt überein mit meinen Überzeugungen und den Zielen, die ich zu erreichen versuche (d.h. der Jobs-to-be-done).

  2. Ich sehe ein echtes Problem, das ich in meinem Leben mit der aktuellen Vorgehensweise oder dem aktuellen Produkt, das ich benutze, habe. Ich denke sogar über die Konsequenzen nach, die dieses Problem nach sich ziehen wird, wenn es nicht gelöst wird.

  3. Ich bekomme ein Versprechen, das wirklich ansprechend und unwiderstehlich ist, so dass ich handeln möchte. Der versprochene Wert ist fast zu schön, um wahr zu sein.

  4. Beim Weiterlesen beginne ich zu glauben, dass dieses Versprechen wahr werden wird, d.h. das neue Produkt wird halten, was es verspricht.

  5. Ich weiss jetzt, was ich tun muss, z.B. aufmerksam sein und zuhören, es zum ersten Mal ausprobieren oder auf eine Website gehen, um mich zu registrieren.




Warum ist eine versprechenszentrierte Value Proposition gewöhnungsbedürftig?


Eine so konzipierte Value Proposition, die diese fünf Klicks in den Köpfen zukünftiger Kunden auslöst, wird Menschen zum Handeln bewegen und ihre Gewohnheiten ändern.

Warum? Weil:

  1. Das Jobs-to-be-done-Framing fängt den Kunden dort ein, wo er sich mental und emotional befindet. Dadurch wird eine Resonanz und Engagement für das neue Produkt sichergestellt.

  2. Die explizite Erwähnung und Dramatisierung des Problems aktiviert den Wunsch, ein Verhalten zu ändern.

  3. Das Versprechen eines überlegeneren Wertes bewegt Menschen, da der Mensch von etwas Besserem angezogen wird beziehungsweise von etwas Beunruhigendem abgestossen wird.

  4. Die gewonnene Glaubwürdigkeit beruhigt Kunden, dass sich das neue Verhalten lohnt und reduziert so das Risiko bei einer Veränderung.

  5. Indem der erste Schritt einfach zu machen ist, werden die Hürden für eine Veränderung weiter gesenkt und der Anstoss, der zu einer neuen Gewohnheit führt, ist gegeben.




Wie geht eine solche Value Proposition?




Um ein Wertversprechen zu erstellen, das diese fünf Klicks im Kopf zukünftiger Kunden erreicht und letztlich die Gewohnheiten verändert, reicht es nicht, ein Brainstorming zu machen und Hypothesen auf Post-its zu schreiben. Das wird nur zu generischen und oberflächlichen Aussagen führen. Stattdessen muss eine Value Propositon sorgfältig durchdacht und durch Erkenntnisse aus der Kundenforschung und Daten aus Studien über Produktleistungen gestützt werden.

Es gibt sechs Gestaltungselemente, die es zu verstehen und mit Inhalt zu füllen gilt:

Fokusjob: Das ist das Hauptziel, das die angesprochene Kundengruppe mit einer bestimmten Lösung erreichen will. Bei einer Transportlösung wie einem Auto oder einem Zug könnte der Fokusjob sein, von A nach B zu kommen. Bei einer Firma für Kochgeschirr, die Töpfe, Pfannen und andere Küchenutensilien anbietet, könnte der Fokusjob ihrer Kunden sein, die Familie mit Essen zu versorgen. In der Praxis entwerfen wir eine sogenannte Job-Hierarchie, um die Interaktion zwischen über- und untergeordneten Jobs abzubilden und die Jobs in einzelne Jobschritte aufzubrechen.

Job Metrics: Das sind Kriterien, die Kunden erwarten (oder vermeiden wollen), wenn sie einen Job erledigen. Zum Beispiel, dass es im Fall der Firma für Kochgeschirr keine eingebrannten Stellen der Pfanne gibt beim Reinigen. Für jeden Fokusjob gibt es circa 60-80 relevante Metrics, die Kunden anwenden, um ihre Erwartungen zu messen, und die den verschiedenen Jobschritten zugeordnet sind.

Pains Points und Drama: Pain Points sind Job Metrics, die für einen Grossteil einer Kundengruppe wichtig sind, aber für sie nicht zufriedenstellend gelöst werden. Das Drama ist eine Technik, um den Pain greifbar zu machen, indem einfach gefragt wird, was passieren wird, wenn der Pain nicht gelöst wird.

Versprechen: Das Versprechen verbindet die Kundenperspektive mit dem Produkt oder der Unternehmensperspektive. Es ist das, was die Value Proposition zum Leben erweckt. Das Versprechen muss den bestehenden Lösungen überlegen sein und kann typischerweise Vorteile wie schneller, einfacher, leichter, sicherer, billiger oder stabiler vorschlagen.



Case: Typewise

Hintergrund: Typewise ist eine neue Smartphone-Tastatur, die die Standard-QWERTZ-Tastatur auf iOS oder Android überdenkt. Zu den wichtigsten Funktionen gehören: KI-Autokorrekturtechnologie in mehreren Sprachen, eine patentierte sechseckige Benutzeroberfläche mit größeren Tasten und garantierter Datenschutz.

ursprüngliche Value Proposition: Der Fokus lag auf den Hauptfunktionen. Es war unklar, welchen Wert die Tastatur bieten würde. Die Value Proposition listete die Hauptmerkmale auf, ohne einen benutzerrelevanten Wert zu versprechen.

Versprechungszentrierte Value Proposition: Unter Verwendung der hier beschriebenen Designprinzipien wurden der Job – mit Freunden zu kommunizieren – und eine Reihe von Job-Metrics, die die Benutzer anwenden, schnell verstanden. Mittels A/B-Testing wurden die relevantesten Pain Points identifiziert, die mit falscher Rechtschreibung zusammenhängen, wie z.B. der negative Eindruck beim Versenden einer Nachricht voller Tippfehler (Drama). Dies ermöglichte die Formulierung eines klaren Versprechens: Keine Tippfehler mehr, wenn Sie Typewise verwenden. Die Gründe für das Versprechen sind: viermal weniger Tippfehler dank 70 Prozent größerer Tasten und KI-Technologie, beweiskräftige Daten und glückliche Nutzerzitate. Ein fokussiertes Narrativ auf der Website und im App-Store – mit dem Hauptclaim Say goodbye to typos – führte bis 2021 zu 900.000 aktiven Nutzern, sicherte externe VC-Finanzierung und internationale Produktauszeichnungen.




Reasons-to-believe: Dies sind die Gründe oder Beweise, die darlegen, warum der zukünftige Kunde glauben sollte, was ihm versprochen wird. Das kann die Beschreibung der Lösung sein, wie z. B. Funktionen oder Wirkungsweise, Beweisdaten, dass die neue Lösung besser funktioniert als aktuelle Lösungen oder Referenzen wie Kundenstimmen oder Zitate.

Gewünschte Handlung / neue Gewohnheit: Dies ist das, was das Unternehmen vom Kunden möchte und ist oft mit den Geschäftszielen oder den Verkaufsprozessen verknüpft, z. B. Leads im B2B auslösen oder eine Bestellung im Webshop im B2C.

Sobald diese sechs Elemente verstanden und definiert sind, belegt durch Kundenforschung, haben Innovatoren ein mächtiges Werkzeug, um den Innovationsentwicklungsprozess zu steuern. Es können Anforderungen abgeleitet, erste Papierprototypen für weitere Nutzertests erstellt und eine überzeugende Kommunikation für Management- oder Investoren-Pitches formuliert werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Markterfolgs für ein neues Produkt, das auf Basis einer solchen versprechenzentrierten Value Proposition entwickelt wurde, steigt deutlich.


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