Bei Lancierung eines neuen Produkts, Konzeption eines digitalen Dienstes oder Planung einer Verkaufskampagne ist ein überzeugendes Nutzenversprechen der Schlüssel zur Förderung des Wachstums. Ohne ein starkes Wertversprechen verpuffen die Wachstumsbemühungen oft. Doch was passiert, wenn Unternehmen den Eindruck haben, dass das Wertversprechen nicht ankommt? Viele suchen dann die Emotionen, denn Emotionen verkaufen sich. Aber wie genau kann man eine emotionale Reaktion designen?
In diesem Artikel wird ein Framework mit einem dreistufigen Ansatz vorgeschlagen, um Wertversprechen emotionaler und überzeugender zu gestalten. Es stützt sich auf die Verhaltensökonomie und die Theorie von Jobs-to-be-done. Am Ende illustrieren zwei echte Fälle die Anwendung des Frameworks.
Beat Walther, Yann Wermuth
Warum Wertversprechen wichtig sind
Value Proposition Design ist zu einem Standardinstrument in der Entwicklung neuer Produkte, im Marketing und im Vertrieb geworden. Und das zu Recht. Ein Wertversprechen verdeutlicht, welchen Mehrwert das Angebot den Kunden verspricht und definiert, warum ein Kunde ein Produkt einem anderen vorziehen sollte. Ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung braucht ein einzigartiges Wertversprechen, um sich auf dem Markt durchsetzen zu können. Eine stagnierende Marke oder eine schlecht funktionierende Dienstleistung braucht einen neuen Grund, um wieder auf Erfolgskurs zu kommen. Eine Verkaufskampagne braucht eine gute Value Story, damit die Vertriebsmitarbeiter sie erfolgreich umsetzen können.
Ein gutes Wertversprechen löst Emotionen aus
Obwohl der Begriff Value Proposition vor mehr als 30 Jahren von Michael Lanning in einem internen Papier von McKinsey als strategisches Konzept erfunden wurde, tun die meisten Value Propositions, die wir in unserer Praxis sehen, nicht das, was sie sollten: Handlungen auslösen, Kaufentscheidungen vorantreiben oder Einstellungen verändern.
Woran liegt es, dass Wertversprechen oft nicht funktionieren? Weil sie zu deskriptiv und funktional sind und keine Emotionen auslösen.
Aus der Verhaltenswissenschaft wissen wir, dass Emotionen die Entscheidungsfindung viel stärker beeinflussen als rein funktionale Produktbeschreibungen. Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann entwickelte die 2-System-Theorie, nach der System 1 beschreibt, wie wir auf die Welt reagieren, ohne uns dessen bewusst zu sein, während System 2 das logische System ist, das rationale Entscheidungen trifft.
Die meiste Zeit befinden sich die Menschen in System 1, folgen also nicht rationalen kognitiven Prozessen, sondern führen Routinen und Gewohnheiten unbewusst aus. Kahnemann zeigt zum Beispiel, dass in Situationen der Angst und Unsicherheit die Risikowahrnehmung verzerrt ist und Fehler bei der Entscheidungsfindung auftreten. Dies ist relevant für die Auswahl von Produkten und Kaufentscheidungen. Ein neues Produkt ist immer eine riskante Entscheidung, weil der Kunde befürchtet, dass es nicht so gut funktionieren könnte wie das bisherige.
Die meisten Wertversprechen sind rein auf das System 2 zugeschnitten. Sie sind funktional und logisch und spielen nur mit dem kognitiven Entscheidungsfindungssystem. Sie fühlen sich einigermaßen gut an und machen auf dem Papier Sinn, aber sie sind nicht überzeugend und kommen bei den Kunden nicht an.
Oft sind sie technologieorientiert, ohne Bezug auf die Kundenbedürfnisse. Sie sind von innen heraus, aus der Sicht des Unternehmens, geschrieben. Oder sie sind beschreibend formuliert und erwähnen die Kundenbedürfnisse auf einer sehr allgemeinen Ebene, wie z. B. Benutzerfreundlichkeit, Nahtlosigkeit oder hohe Qualität.
Andererseits können Wertversprechen, die nur auf System 1 zugeschnitten sind, zwar Aufmerksamkeit erregen, aber sie bieten nicht genügend rationale Kraft, um Zweifel und Risikowahrnehmung zu überwinden.
Wir schlagen daher vor, dass Wertversprechen auf beide Systeme zugeschnitten sein sollten, zunächst auf System 1, um eine emotionale Verbindung herzustellen und zu aktivieren, und in einem zweiten Schritt auf System 2, um zu überzeugen und Sicherheit zu schaffen. Dies gilt insbesondere für B2B, da auch hier nicht ein das Unternehmen kauft, sondern die Menschen, die in diesem Unternehmen arbeiten.
Entwicklung einer Value Proposition für beide Systeme
Was sind die Designprinzipien für die Erstellung eines emotional ansprechenden Wertangebots? Welche Emotionen soll es in erster Linie auslösen? Und wie?
Unserer Erfahrung nach ist ein Wertversprechen eine Geschichte, die fünf emotionale Klicks in den Köpfen und Herzen der Kunden auslösen sollte. Stellen Sie sich einen potenziellen Kunden vor, der diese Geschichte hört, und denken Sie über seine Reaktionen nach:
Klick 1: Ich fühle mich verstanden und antworte mit „Ja, das ist wahr“. Das Zielgefühl ist Neugierde.
Klick 2: Ich höre ein Problem, das ich in meinem Leben oder in meinem Geschäft habe, und spüre lebhaft, welche Folgen dieses Problem hat, wenn es nicht gelöst wird. Die Zielemotion ist: Zugehörigkeit und das Gefühl, verstanden zu werden.
Klick 3: Ich erhalte ein Versprechen, das wirklich ansprechend und unwiderstehlich ist, so dass ich handeln möchte. Die Zielemotion ist Freude und Aufregung
Jetzt tritt System 2 in Kraft. Die Geschichte des Wertversprechens muss sich also ändern. Während wir System 1 immer noch an Bord haben, müssen wir System 2 mit Argumenten, Beweisen, Daten usw. ansprechen.
Klick 4: Ich möchte glauben, dass dieses Versprechen wahr wird, d. h. dass das neue Produkt hält, was es verspricht. Aber ich habe Zweifel (System 2). Zeigen Sie mir, warum ich das Versprechen glauben kann. Die Ziel-Emotion ist Vertrauen und Sicherheit, Zweifel werden ausgeräumt.
Klick 5: Ich weiß genau, was ich jetzt tun muss, z. B. aufpassen und zuhören, das erste Mal ausprobieren oder mich auf einer Website anmelden. Die Zielemotion ist.
Klick | Businessziel | Ziel-Emotion | System | Wie |
1 | Aufmerksamkeit wecken | Neugierde | 1 | Jobs-to-be-done |
2 | Empathie zeigen | Zugehörigkeit und Empathie | 1 | Pain Points und Drama |
3 | Nutzenerkenntnis schaffen | Aufregung und Vorfreude | 1 | Verspechen |
4 | Zweifel beseitigen | Vertrauen, Sicherheit | 2 | Reasons-to-be-lieve, Produkt-eigenschaften |
5 | Aktion auslösen | Sicherheit | 2 | Call to Action |
Ein auf diese Weise konzipiertes Wertversprechen wird die Menschen eher zum Handeln bewegen und ihre Gewohnheiten ändern.
Der Designprozess für die Entwicklung emotionaler Wertversprechen, die beide Systeme ansprechen, erfordert Präzision und Strenge, um richtig zu sein. Er muss die Erkenntnisse aus der Kundenforschung berücksichtigen und das Versprechen und die Lösung mit den wichtigsten Problemen der Kunden in ihrem privaten oder beruflichen Leben verknüpfen. Allgemeine Versprechen funktionieren einfach nicht. Es reicht nicht aus, ein Brainstorming zu veranstalten und Hypothesen auf Post-its zu schreiben, wenn es darum geht, ein Wertversprechen für ein neues Produkt, eine Markteinführung oder eine Vertriebskampagne zu erstellen. Die Wahrscheinlichkeit, es richtig zu machen, ist äußerst gering, wenn man nicht von den Kunden selbst gehört hat, welche Emotionen und Gründe sie durchleben.
Wir empfehlen einen strukturierten 3-Stufen-Prozess und verwenden eine einfache Canvas, um unsere Gedanken zu organisieren. Er folgt dem Jobs-to-be-done-Denken (JTBD), einer leistungsfähigen Logik, die in Strategie, Marketing und Innovation verwendet wird, um die Kundenperspektive aus einem anderen Blickwinkel zu verstehen. JTBD verlagert den Schwerpunkt weg von der Betrachtung von Lösungen (System 2) und Funktionen hin zu dem, was die Kunden erreichen wollen und wie sie sich dabei fühlen (Schmerzpunkte).
Schritt 1: Die Jobs-to-be-done Perspektive einnehmen
Zweck dieses Schritts ist es, relevante Jobs zu identifizieren und wichtige Schmerzpunkte oder unerfüllte Bedürfnisse zu extrahieren, die als Metriken für die Unvollkommenheit definiert sind, um die Jobs zu erledigen. Eine Job ist ein Ziel, das eine Person erreichen möchte, und die Schritte auf dem Weg zu diesem Ziel. Die Menschen wollen keinen Bohrer, sondern ein Loch in der Wand, wie Levitt es einmal ausdrückte.
Im Idealfall führen Sie eine primäre, explorative Interviews durch, um Jobs und Metriken zu erkennen. Oder Sie analysieren die gesamte verfügbare Kundenforschung aus dem Blickwinkel von Jobs-to-be-done, filtern die relevantesten Jobs heraus und priorisieren die brennendsten Probleme, die zum Erledigen der Jobs im Wege stehen.
Schritt 2: Die Schlüsselelemente der Value Proposition Story identifizieren
Es gibt fünf Gestaltungselemente, die verstanden und definiert werden müssen:
Kunde: Die Zielgruppe des Wertversprechens, meist die Hauptentscheidungsträger, die über den Kauf oder die Verwendung des Produkts entscheiden. Eine einfache Charakterisierung reicht aus, es müssen keine komplizierten Persona-Beschreibungen erstellt werden.
Aufgaben: Die relevantesten und spezifischsten Ziele, die die Kundengruppe in Bezug auf das Produkt erreichen will. Die Verknüpfung der Geschichte mit dem relevantesten Job ist entscheidend, um eine unmittelbare emotionale Verbindung zu schaffen. Wir arbeiten oft mit einer Job-Hierarchie, in der wir die Jobs hierarchisch anordnen und uns auf einen konkreten, spezifischen Job, den Focus Job, konzentrieren.
Ein Beispiel: Für einen Hersteller von Kochgeschirr, der Töpfe, Pfannen und andere Küchenutensilien anbietet, konzentrieren wir uns auf den Job, eine Mahlzeit für meine Familie zuzubereiten. Bei einem Autohersteller, der die Sitze für ein neues Modell entwirft, haben wir uns bei der Analyse auf drei Jobs konzentriert: In das Auto einsteigen, losfahren und aus dem Auto aussteigen.
Schmerz und Drama: Schmerzpunkte sind wichtige, unerfüllte Kriterien, die Kunden erwarten (oder vermeiden wollen), wenn sie versuchen, ein Job zu erledigen. Zum Beispiel, dass es beim Reinigen der Pfanne keine verbrannten Stellen gibt, im Falle des Kochgeschirrherstellers. Oder dass mein Mobiltelefon nicht zwischen Konsole und Sitz eingeklemmt wird, wie im Automobiel-Beispiel. Schmerzpunkte müssen für eine Mehrheit der Kundengruppe wichtig und gleichzeitig nicht zufriedenstellend gelöst sein. Sie in der Geschichte anzusprechen löst garantiert Emotionen wie Ärger, Angst, Verärgerung usw. aus.
Das Drama ist eine Technik, um den Schmerz greifbar zu machen, indem man einfach fragt, was passieren wird, wenn der Schmerz nicht gelöst wird. Dadurch wird System 2 aktiviert, da das Drama die Macht hat, unbewusste Gefühle an die Oberfläche zu bringen.
Versprechen: Das Versprechen verbindet die Kundenperspektive mit der Produkt- oder Unternehmensperspektive. Das Versprechen muss den im Markt existierenden Lösungen überlegen sein, mit Aussagen wie schneller, einfacher, leichter, sicherer, billiger oder stabiler. Zudem sollte ein Verbindung zum übergeordneten Job bestehen, um positive Emotionen auszulösen. Ein gutes Versprechen vermittelt Freude oder Glück und Positivismus, dass die Schmerzpunkte gelöst werden.
Reasons-to-believe: Dies sind Beweispunkte, die darlegen, warum der zukünftige Kunde an das Versprechen glauben sollte. Beweispunkte können eine Beschreibung der Lösung sein, wie z. B. Funktionen oder Wirkungsweise, Evidenz, dass die neue Lösung besser funktioniert als bisherige Lösungen, oder Referenzen wie Kundenstimmen oder Zitate.
Gewünschte Aktion / neue Gewohnheit: Dies ist, was das Unternehmen erreichen will mit der Wachstumsinitiative. Es sind oft taktische Ziele im Verkaufsprozess, z. B. Leads im B2B-Bereich oder Bestellungen im Webshop im B2C-Bereich auslösen.
Schritt 3: Erstellen der Geschichte
Sobald diese fünf Gestaltungselemente verstanden und definiert sind, stehen alle Elemente des Wertversprechens zur Verfügung und wir sind bereit für Schritt 3. Es wird eine prägnante, dramatische Geschichte erstellt, was oft ein iterativer Schreibprozess ist. LLMs wie ChatGPT können sehr hilfreiche Werkzeuge sein, um zu iterieren, bis eine starke Geschichte entstanden ist.
Diese Wertestory bildet die Grundlage für die weitere Kommunikation, z. B. für interne Managementpräsentationen, Verkaufsgespräche, Marketingmaterialien oder sogar Kampagnen zur Kundengewinnung.
Fall 1: Promethean
Ausgangslage: Ein führender Anbieter von IT-Hardware und -Software für Schulen entwickelt eine Software, um Lektionen zu planen und durchzuführen. Potenzielle Kunden sind Lehrer und Schulleiter.
Ursprüngliches Wertversprechen: Das anfängliche Versprechen lautete „Zeitersparnis bei der Unterrichtsvorbereitung“, wobei davon ausgegangen wurde, dass Lehrer einen zu großen Teil ihrer Freizeit für die Vorbereitung einer Unterrichtsstunde aufwenden. Die im Prototyp entwickelten Funktionen umfassen Unterrichtsplanung, Übungsvorlagen für verschiedene Fächer und vieles mehr. Konzepttests vor der Einführung zeigten unterdurchschnittliche Ergebnisse und die Begeisterung innerhalb der Organisation war gering.
Emotionalisiertes Wertversprechen: Das neue Versprechen lautete „1 Klick, und alle Augen nachvorne“. Kundenbefragungen ergaben, dass das Zurückgewinnen der Aufmerksamkeit der Schüler nach einer Unterbrechung der Hauptschmerzpunkt der Lehrer ist. Das Drama war, dass die sorgfältig vorbereitete Lektion nie wie geplant gehalten werden konnte, weil immer Störungen auftreten.
Dieses Versprechen wurde durch aufmerksamkeitsfördernde Spiele, Soundmeter oder Videos erfüllt.
Fall 2: MyPension
Ausgangslage: Eine Privatbank möchte ein Beratungskonzept entwickeln, um Rentner zu motivieren, ihre Pensionsfonds als Kapital statt als Jahresrente bei der Bank zu platzieren. Das Geschäftsziel ist die Gewinnung neuer verwalteter Gelder.
Ursprüngliches Wertversprechen: Das anfängliche Versprechen lautete „Keine Sorge - wir kümmern uns um Ihr Geld“, wobei davon ausgegangen wurde, dass Rentner ihre nach der Pensionierung gewonnene freie Zeit genießen wollen. Das Konzept bot ein Beratungsmandat, bei dem der Kunde nichts zu tun hat. Die Ergebnisse sechs Monate nach der Einführung waren enttäuschend.
Neues emotionales Wertversprechen: Das neue Versprechen, das mehr Resonanz fand, lautete: „Sie wussten immer, was Sie mit Ihrem Geld machen. Bleiben Sie dabei“. Dieses Versprechen fand bei einem Kundensegment, das auf Selbstbestimmung Wert legt, viel mehr Anklang. Das Drama dieser Menschen war, dass sie nach der Pensionierung nicht mehr so wichtig waren. Die Strategie führte zu einem erheblichen Netto-Neugeldzufluss, der die Vervierfachung des Kundenberaterteams rechtfertigte und gleichzeitig eine beträchtliche Gewinnspanne sicherte.
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