"Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich wieder die gleichen Fehler machen."
Markus Dobbelfeld
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Markus Dobbelfeld ist einer der Gründer von Search & Co., Digital Talent Advisory, einem Personalberatungsunternehmen für digitale Kompetenzen. Als digitaler Veteran hat er während seiner ganzen Karriere gegen Widerstände kämpfen müssen und sich im Scheitern üben können.
Markus Dobbelfeld, ist Gründer und Partner der Search & Co. Group, die er 2019 zusammen mit Frederik Thomas gegründet hat. Er gilt als Vorreiter und Pionier im digitalen Wandel. Dobbelfeld war langjähriges Vorstandsmitglied und CMO / CDO in internationalen Grossunternehmen. Er hat in den letzten zwei Jahrzenten zahlreiche digitale Veränderungsinitiativen in komplexen Omni-Channel-Unternehmen realisiert.
Vor 25 Jahren, damals Mitte 20, hat Markus das E-Commerce-Geschäft des liechtensteinischen Werkzeugherstellers Hilti in den USA aufgebaut und später global verantwortet. Danach folgten Stationen bei der Credit Suisse, Adobe, der Dätwyler Gruppe/Distrelec sowie bei Thermomix/Vorwerk, immer als Treiber des digitalen Wandels. Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit ist Dobbelfeld Studiengangsleiter und Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW für Digital Leadership und Digital Transformation. Dobbelfeld hat vier Kinder und lebt in Zürich.
Search & Co. ist ein Personalberatungsunternehmen welches Organisationen im Aufbau digitaler Kompetenzen begleitet. Je nach digitalem Reifegrad geschieht dies durch die Rekrutierung digitaler Führungskräfte oder durch die Befähigung interner Talente mittels Mentoring und massgeschneiderten Bildungsangeboten. Siehe www.searchandco.com
"Ich habe alle Fehler schon gemacht und weiss daher, was funktioniert und was nicht."
"Aber das wichtigste, das man mitbringen muss: Gegen Widerstände ankämpfen zu können und überzeugungsstark sein – und bleiben"
"Bitte lieber um Verzeihung als um Erlaubnis zu fragen."
"Der CFI-Ansatz, den ihr entwickelt habt, ist eine Garantie für einen Schwarztreffer."
"Mit euch weiss man, auf welches Pferd man setzen muss."
Markus Dobbelfeld, heute geht es um Dich und Deine Erfolge als Wachstumsarchitekt. Zuerst aber die Frage: Wer bist du?
Ich bin eine energetische Inspirationsquelle, ein digitaler Veteran, ein unruhiger Generalist, immer unter Strom, vor kurzem 50 geworden, neuerdings Unternehmer – und eigentlich jeden Tag aufgelegt, mit Tatendrang etwas Neues zu gestalten.
Was war prägend für Deinen Werdegang?
Prägend war 1998. Ich habe die erste digitale Funktion bei Hilti übernommen und dort das E-Commerce Geschäft aufgebaut. Das war noch ganz am Anfang des Internets. Es war sehr mutig von Hilti, damals schon in den neuen Vertriebskanal zu investieren. Es kannte sich noch niemand mit der Thematik aus. Wir wussten noch nicht, ob das Internet Potential haben wird. Hilti hat bereits damals solide Budgets bereitgestellt und ich war der E-Commerce-Projektleiter der ersten Stunde. Wir waren ganz vorne auf der Welle der Innovation mit dabei, hatten echte Pionierarbeit geleistet – das war aufregend.
Ich war erst 26 Jahre alt, als wir ein Team aus internen Talenten in den USA rekrutiert haben, welches erst einmal eine Datenbank mit Marketing-relevanten Daten fürs Web aufbauen und Produktbeschriebe und -Bilder für rund 250'000 Produkte internetkonform entwickeln musste. Die Idee funktionierte, das Angebot wurde im Markt angenommen und E-Commerce hat bereits im ersten Jahr zu einem signifikanten Channel-Shift geführt, in welchem Bestellungen vom Telefon und Fax ins Internet überführt wurden. Heute ist E-Commerce für Hilti ein nicht mehr wegzudenkender Vertriebskanal mit über 1 Milliarde Umsatz. Da bin ich schon etwas stolz darauf, den Grundstein gelegt zu haben.
Später wurde ich global verantwortlich für das gesamte E-Business Geschäft und hatte als 29-jähriger Rookie bereits sehr viel Verantwortung. Derweil hatte ich eine internationale Reisetätigkeit von 100% und je einem Wohnsitz in der Schweiz, den USA und Hong Kong.
Das tönt nach mutiger Pionierarbeit. Wie ging es dann weiter?
Nach Hilti ging ich zur Credit Suisse, um mitzuhelfen, das E-Banking zu etablieren. Erneut Pionierarbeit zu Beginn des Internets. Nach ein paar Jahren bin ich als Marketingchef zu Adobe gewechselt. Die Zeit bei Adobe war ausgesprochen lehrreich, spannend und sehr innovativ. Ich durfte Adobe beim Wechsel hin zum Abo-Modell begleiten und die vollständige Umstellung des Unternehmens auf die Cloud miterleben.
Sehr bald hatte Adobe eine marktführende Stellung im digitalen Marketing eingenommen - eine wirklich spannende Zeit. Nicht nur bunt und kreativ, wie man von aussen denken könnte, sondern knallhart und auf Wachstum und Profitabilität ausgerichtet.
Danach ging ich zu Dätwyler. Ein Schweizer börsennotiertes und echtes Traditionsunternehmen. Ich war als CMO für die digitale Transformation und die vollständige Überarbeitung der digitalen Fähigkeiten der divisionalen Geschäftsbereiche verantwortlich. Dazu gehörten die Einführung einer hochmodernen digitalen Marketing- und E-Commerce-Praxis genauso zu meiner Aufgabe, wie die grundlegende Überarbeitung des Betriebsmodels basierend auf sich verändernden Märkten und Kundenanforderungen.
Dort haben wir uns kennengelernt, oder?
Richtig. Das Projekt Sharp bei Distrelec. Wir haben damals den Shift vom klassischen Kataloggeschäft in die digitale Welt vorangetrieben. Distrelec zählte zu den grössten Distributoren industrieller elektronischer Komponenten in Europa. Wir haben alles rundherum erneuert: eine neue Web-Plattform etabliert, die ERP-Systeme harmonisiert, digitale Kompetenzen aufgebaut und die Organisationen zukunftsfähig aufgestellt. Vendbridge hat uns unterstützt, die ungelösten Probleme unserer Kunden zu verstehen und die Value Proposition zu schärfen und neue Lösungen aus Kundensicht zu entwickeln.
Nach ein paar Jahren ging ich als Marketing- & Digitalvorstand zur Vorwerk Gruppe. Ich bin stolz darauf, das Kochen digitalisiert zu haben. Mit einem aussergewöhnlich talentierten Team von Produktinnovatoren, digitalen Querdenkern und globalen Vermarktern haben wir dem vor 50 Jahren etablierten und äusserst populären Traditionsprodukt Thermomix ein digitales Herz verpasst und in ein digitales IoT [Internet of Things]-Ökosystem eingebettet. Zudem konnten wir durch disruptive digitale Abo-Geschäftsmodelle beeindruckende kommerzielle Ergebnisse erzielen und die Wende in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität einleiten.
Das war ein riesiger Wachstumsboom. Wie hast Du das erlebt?
Wir schafften mit der Digitalisierung, die Erfolgsgeschichte von Thermomix fortzuführen. Das Subscription-Modell führte zu einem planbaren und jährlich wiederkehrenden Umsatz. Ich war seinerzeit für das strategische Marketing, das Produktmanagement, das Omnichanel-Geschäft und auch für Vorwerks digitales Portfolio verantwortlich. Nach erfolgreicher Markteinführung des digitalen Meisterstücks habe ich mich bewusst dazu entschieden, die Seiten zu wechseln und mich selbstständig zu machen.
Was hat Dich dazu bewegt?
Während meiner über 20 Jahre in der Corporate-Welt – meist in Grosskonzernen – habe ich unglaublich viel gelernt, vieles erreicht – definitiv aber auch viele Fehler gemacht. Wir haben in den zwei Jahrzehnten im digitalen Wandel fast alle Fehler gemacht, die man machen konnte, personell, technologisch, budgetär. Oft haben wir danebengehauen oder auf die falsche Karte gesetzt – und das nutze ich heute: Ich habe alle Fehler schon gemacht und weiss daher, was funktioniert und was nicht. Diese ausgeprägte Erfahrung im digitalen Wandel wollte ich weitergeben und anderen Unternehmen wie auch Studierenden zur Verfügung stellen.
Mit Frederik Thomas haben wir Anfang 2020 die Firma Search & Co. gegründet. Am 13. März 2020 haben wir gestartet mit der Pressemitteilung, «We are open for business!». Und am 16. März hat der Bundesrat die Schweiz mit dem Lockdown wegen Covid abgeriegelt. Eine Hiobsbotschaft für ein Start-up in der Anfangsphase des Geschäftsaufbaus. Aber wir haben überlebt.
Was ist Search & Co.?
Search & Co. ist was wir Digital Talent Advisory nennen und Organisationen unterschiedlicher Reifegrade beim Aufbau digitaler Kompetenzen unterstützt. Wir sind gestartet, um im ersten Schritt zu helfen, den digitalen Wandel zu bewältigen. Denn da stehen viele Organisationen an und fragen sich, wie mache ich das jetzt? Unsere Antwort ist: Erst gilt es, digitale Kompetenzen aufzubauen – und dort helfen wir mit zwei unterschiedlichen Massnahmen; einerseits mit der Rekrutierung digitaler Führungskräften aus dem Markt, also mit erfahrenen Berufsleuten die Expertise mitbringen und im digitalen Wandel bestenfalls bereits die Lernkurve hinter sich haben. Und andererseits befähigen wir interne Talente mittels digitaler Upskilling-Programme. Oft herrscht das Vorurteil vor, dass ein digitaler Leader hauptsächlich jemand ist mit Fachkenntnissen oder mit IT- und Digital-Know-how. Dem ist nicht so. Der erfolgreiche digitale Leader muss mehrheitlich über analoge Führungskompetenzen verfügen wie z.B. Kommunikations-, Veränderungs- und Innovationsfähigkeiten, aber auch strategisches Denken ist ein gefragter Skill. Es geht nicht in erster Linie um die Technologie.
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Du kannst auf einige Wachstumserfolge zurückblicken. Was sind die Herausforderungen, Wachstumsinitiativen zu realisieren?
Viele Dinge spielen eine Rolle. Aber das wichtigste, das man mitbringen muss ist: Gegen Widerstände ankämpfen zu können und überzeugungsstark sein – und bleiben. In meiner Karriere war ich stets im digitalen Wandel tätig und musste immerzu überzeugen. Es galt stets, Vorstände oder Beiräte zu überzeugen, die Geschäfts- oder Betriebsmodelle zu ändern, um relevant, zukunftsfähig und wettbewerbsfähig zu bleiben. Das ist mitunter sehr anstrengend und energieintensiv. Ein permanenter Kampf gegen Windmühlen. Das Thema Change-Management ist omnipräsent. Als digitaler Transformer bist du in erster Linie auch ein überzeugungsstarker Change-Manager.
Das zeichnet einen Wachstumsarchitekten also aus?
Ja, definitiv. Aber es kommen noch andere Punkte hinzu. Eines meiner wichtigsten Hauptinstrumente, das zum Erfolg geführt hat – manchmal auch zu Misserfolg und Learnings – ist die Risikobereitschaft. Mein damaliger Chef in den USA hat mich diesbezüglich mit der Aussage inspiriert: «Rather ask for excuse than permission [lieber nachher um Entschuldigung bitten, als vorher um Erlaubnis fragen]». Wir haben viele Digitalisierungs-Initiativen als «U-Boot» lanciert. Hie und da nicht formalisiert, nicht offizialisiert. Weil wir daran glaubten und oft nur so die Innovation vorantreiben konnten. Das ging auch mal schief, hat sich aber in der Bilanz ausbezahlt. Ein digitaler Leader muss ja nicht nur Vision und Zweck vermitteln, sondern auch Bedingungen zum Experimentieren schaffen, Menschen befähigen, anders zu denken und Entscheidungen in einem unsicheren Kontext treffen können.
Welche Rolle spielen Visionen?
Visionär zu sein, ist wichtig. Das steht ganz zuvorderst. Die langfristige strategische Vision musst du als erstes erarbeiten. Dabei dürfen Investitionen für den Einsatz digitaler Technologien nicht im Vordergrund stehen. Wichtig ist auch der Fokus auf die Kundenerfahrung – und nicht etwa der Technologie. Oft stehen neue Technologien für die betriebliche Effizienz im Zentrum der Bemühungen – anstelle des Kunden. Mit der Vision definierst du den Zielzustand, damit erzeugst du aber auch Widerstand. Und du musst dich auskennen, machtpolitisch zum Beispiel. Wie kannst du im Konzern navigieren? Wie holst du die Stakeholder ins Boot? Du musst ein geschickter Navigator sein und zugleich der oberste Change-Agent, wenn man so will.
Du scheinst total offen für den Wandel, du hast gerade keine Widerstände. Aber stösst immer wieder auf solche. Woher kommt das?
Das ist eine gute Frage. Ich habe einen natürlichen Antrieb in mir. Eine intrinsische Motivation, permanent Dinge zu hinterfragen, zu verbessern, ich will sie ständig erneuern. Das ist ein wenig in meiner DNA verortet. Auf das habe ich Lust, das treibt mich an. Das ist mein Charakter und meine Motivation.
Wo war der härteste Widerstand?
Die Einführung des Abo-Modells beim Thermomix. Der Einstieg in die Subscription-Economy ist meist sehr kostspielig und komplex. Der zu erwartende Return ist meist auch nicht gleich da – das braucht Zeit. Bei der Umstellung auf ein digitales Abo-Modell stehen relevante Ziele im Zentrum; der Aufbau langfristiger Kundentreue, wiederkehrende Einnahmen und planbares, vorhersehbares Wachstum. Dabei geht es nicht mehr um die Frage des Besitzes, sondern der Nutzung: Man bietet den Zugang zu Waren und Dienstleistungen. Während der Einführung werden viele Investitionen fällig und meist (wie auch damals bei Adobe) brechen die Umsätze wegen der Einführung neuer Preismodelle erst einmal ein. Um – die Kundenakzeptanz vorausgesetzt – die Betriebskosten wieder sinken und die Erträge überproportional ansteigen zu lassen muss man den Willen haben, dafür zu kämpfen und es durchzuziehen. Ich bin währenddessen ein paar Mal angestanden und dachte: Jetzt ist Schluss.
Was braucht es noch, um Wachstumsideen am Leben zu halten?
Resilienz, Durchhaltewillen, stetig frische Energie und das Wissen, dass je höher du in einer Organisation bist, umso dünner wird die Luft. Du musst dich selbst versorgen. Du kriegst es von niemanden zugetragen. Du musst einen hohen Eigenantrieb haben. Insbesondere als Digital Leader unter den C-Level-Executives. Denn der treibt ja den Wandel an. Im digitalen Wandel sind die Schritte oft gross und nicht selten überfällig. Deshalb ist auch die Angst so gross. Ungefähr 70% aller Digital-Initiativen scheitern. Da werden Milliarden verbraten. Das wissen viele und haben Respekt. Und halten sich oft zurück.
Aber wenn man es richtig macht, zahlt es sich ja aus?
Wenn man es richtig macht, ja. Wieso hat der Thermomix so viel Erfolg? Ich sage, hauptsächlich, weil er in erster Linie auf den Zeitgeist einzahlt. Ich war an dieser Stelle ein überzeugter Verfechter der «Customer Centricity». Nicht als blosse Worthülse, sondern indem man seinen Kunden fragt: Was treibt dich denn wirklich um? Wenn man das mit einem entsprechenden Angebot beantwortet, dann hat man eine sehr hohe Erfolgschance.
Das ist eine Steilvorlage für uns, der Fokus auf die Kunden. Wie hast Du Vendbridge wahrgenommen?
Wir hatten schon bei Distrelec genau versucht, der Frage nachzugehen, was der Kunde wirklich will. Und dank Euch haben wir die Antworten bekommen. Und haben angefangen, diese Erkenntnisse in Lösungen zu übersetzen. Ich habe das schon immer so gesagt: Der CFI-Ansatz [Customer-Focused Innovation], den ihr entwickelt habt, ist eine Garantie für einen Schwarztreffer. Ich stand hinter einer Glasscheibe und habe euch beim Kundeninterview mit Fokusgruppen zugesehen. Und wurde mehr als einmal überrascht.
Bei Thermomix war der Vorstand lange überzeugt, dass sich der Kunde immer fragt: Wie bereite ich ein Gericht zu? Denn darauf hatte der Thermomix als etablierter Kochmixer ja auch die Antwort. Aber unsere Kund:innen fragten sich vielmehr jeden Tag: Was koche ich heute? Wer weiss denn schon, was er heute Abend kocht. Wisst ihr es? Die Suche nach Antworten und Inspiration war zentral; also das Was und nicht das Wie.
Du sprichst unsere Jobs-to-be-done-Logik an. Viele Firmen denken aus der Sicht ihrer Lösung, aber nicht aus der Kundensicht. Was habt Ihr mit dem Wissen aus dem CFI-Projekt gemacht?
Mit diesen Erkenntnissen haben wir angefangen, das ganze Portfolio umzugestalten. Wir haben Rezeptentwickler eingestellt. Ein Abo-Modell für das Rezeptuniversum und viele andere Initiativen in dieser Richtung umgesetzt. Und siehe da: Es wurde von den Kunden angenommen. Mit eurem Ansatz findet man eben genau das heraus. Wenn du dem konsequent folgst und in der Umsetzung in ein Produkt oder eine Dienstleistung übersetzt, dann kannst du eigentlich nur gewinnen. Bei Thermomix hatten wir das genau das gemacht.
Es ist so wichtig, den Kunden selbst zu erleben. Wann hast du als Vorstand oder Geschäftsführer denn das letzte Mal mit einem Kunden gesprochen? Wenn du bei Hilti einen Job anfängst, kriegst du als erstes Gummistiefel und Helm in die Hand gedrückt und gehst für ein paar Wochen auf die Baustellen. Mein damaliger Chef in den USA hatte mich eine Zeit lang einen Vertriebskollegen begleiten lassen und danach wusste ich, was der Kunde sich wünscht. Nur so ist Kundenzentrierung keine Worthülse.
Wenn ich meine Studierenden frage – meistens Führungskräfte in der Erwachsenenfortbildung – welches die relevanten Handlungsfelder im digitalen Wandel seien, wird oft die Technologie als erstes genannt. Nun, selbst die brillanteste technologische Innovation ist irrelevant, wenn wir nicht qualifiziert genug sind, sie zu nutzen. Im digitalen Wandel dreht es sich fast jedes Mal um die gleichen sieben Handlungsfelder, die adressiert werden wollen; Customer Centricity (die konstante Kundenorientierung), Digital Business Development (neue Strategien & Geschäftsmodelle), Digital Leadership & Kultur (neue Ansätze in Führung, Kultur & Arbeit und wichtigster Erfolgsfaktor und gleichzeitig grösstes Hemmnis im digitalen Wandel), Technologien (Apps, IoT & Industrie 4.0, etc.), Cloud & Data (moderne IT-Infrastruktur & neue Erkenntnisse), Prozess-Engineering (optimierte Arbeitsabläufe & Automation) und Digital Marketing (Bewerbung des transformierten Angebots oder Unternehmens über neue Plattformen & Kanäle).
Was hat Dir am CFI-Ansatz sonst noch gefallen?
Dass es quantitative Validierungsschritte beinhaltet, die mir die Sicherheit geben, dass richtig ist, was wir gerade gemeinsam bauen. An diese Validierungsschritte kann ich mich gut erinnern. Das war enorm wertvoll. Und dann auch, wie wir mit euch die Findings umgesetzt haben. Ihr wart nicht einfach weg. Wir haben die gewonnenen Erkenntnisse bis in den Marketing-Claim übersetzt. Am Schluss haben alle gesagt: Das Wertversprechen sitzt, alles steht in direktem Zusammenhang zu den Erkenntnissen Eures CFI-Ansatzes. Schwarztreffer. Klar kann man auch Trial & Error machen. Es gibt 60 Business-Modelle, die man ausprobieren kann. Das kostet viel Geld. Mit euch weiss man, auf welches Pferd man setzen muss.
Du kannst im digitalen Wandel meist nicht mehr mit dem gleichen Betriebsmodell wie vorher arbeiten. Das geht meist nicht. Es geht hier nicht einfach um das Org-Chart. Ein Betriebsmodell definiert Leistungsträger, Leistungserbringung, Kompetenzen, Prozesse, Fähigkeiten, KPIs, Aufbau und Ablauf der Organisation und Technologie. Unternehmen im digitalen Wandel müssen oft ihr gesamtes Betriebsmodell überarbeiten. Und ganz vorne stehen die Bedürfnisse des Kunden. Ganz vorne steht: Was will der Kunde von mir? Von daher treibst du das durch die Organisation.
Der Begriff Wachstum ist immer wieder gefallen. Was ist Wachstum für Dich?
Als erstes heisst das für mich persönliches Wachstum. Nämlich meine Fähigkeiten ausbauen, um andere Tätigkeiten wahrnehmen zu können. Lernen, aus Fehlern lernen und Erfolg haben können, Befriedigung finden durch das. Meine Karriere war geprägt, dass ich wahnsinnig viel lernen konnte. Auch durch zahlreiche Rückschläge und Fehler.
Erzähl mal von Deinen Fehlern?
Ich habe falsche Technologien gewählt, unpassendes Personal engagiert, falsch investiert. Daran wächst man. Persönliches Wachstum hört für mich nie auf. Ich habe vier Kinder, und da habe ich auch diese Ambition. Sie müssen nicht erfolgreich sein, aber persönlich wachsen, den Horizont erweitern, ihren Platz im Leben finden.
Dann gibt es unternehmerisches Wachstum. Davon bin ich auch geprägt. Hilti, Credit Suisse, Adobe, Vorwerk – das sind gewinnorientierte Unternehmen auf Wachstumskurs. Der Ertrag muss im nächsten Jahr grösser sein als im Vorjahr. Seit 20 Jahren ist deshalb der EBIT mein zentraler KPI. Auch als Unternehmer will ich wachsen. Wir sind aktuell vier Mitarbeitende an zwei Standorten, und das nach zwei Jahren. Da sind wir stolz drauf. Wir haben eine solide Basis gebaut. Wir haben inzwischen einen Product-Market-Fit erarbeitet und die Value Proposition geschärft. Wir sind wie ein Start-up mit Growth Mindset. Wie lange gilt mal als Start-up? Gibt es eine Definition?
Meines Wissens sagt man so 5 bis 7 Jahre? Aber das spielt ja keine Rolle. Vendbridge ist vom Mindset her seit 20 Jahren ein Start-up!
Einverstanden! Jedenfalls wollen wir wachsen. Wachsen in Bezug auf unserer Reichweite und Firmengrösse, wachsen in Bezug auf unser Angebot. Aktuell entwickelten wir gemeinsam mit der Innosuisse und der Fachhochschule FHNW ein «Digital Skills Assessment», welches die Bewertung digitaler Kompetenzen basierend auf dem Einsatz wissenschaftlich validierter Tests anstelle Selbsteinschätzung ermöglicht. Das «Digital Skills Assessment» ist neu und einzigartig und die Screening-Tests bieten Klarheit in Bezug auf das Upskilling-Potenzial für Fachkräfte, Studierende, Personalverantwortliche und Bildungsanbieter. Drauf basierend werden wir auch Forschung betreiben und künftig den «Digital Skills Index Schweiz» veröffentlichen wollen.
Markus, Deine Perspektiven zu Wachstum aus Deiner persönlichen Erfahrung heraus sind total spannend. Wir danken Dir für das Gespräch.
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